Das Fliesengrabmal
Auf dem St.-Pauli-Friedhof befindet sich das außergewöhnlich gestaltete Wandgrabmal der Familie Stallknecht. Die Rücklage ist vollständig mit farbigen Fliesen der Firma Villeroy & Boch gefasst und es entsteht das Bild eines großen Schmuckteppichs, der den Hintergrund der Gruft dekoriert. Der horizontal angeordnete Namenszug „Familie Stallknecht“ im Mittelteil weist auf die Besitzer der Anlage hin. Die Buchstaben wurden dabei in kleinen gelben und roten Mosaiksteinchen gesetzt. Die Fläche wurde später durch eine konchenartige Nische zur Aufstellung einer Plastik oder einer Schmuckurne unterbrochen. Das brachiale Aufbrechen der Schmuckwand mit der Durchtrennung des Schriftzuges zeugt davon, dass den Nutzern die Fliesengestaltung mit Mäandern, Kreisen, Rechtecken und Kreuzsymbolen nicht mehr zeitgemäß erschien. Die Errichtung der Anlage beauftragte der Privatus Wilhelm Adolph Rudolph Stallknecht. Sie wurde 1889 fertiggestellt. In diesem Jahr beschwerte sich auch die Pächterin der Nachbargrabstelle beim Kirchenvorstand über die Baureste: „…außerdem gewährt auch der an meiner Zarge [Zaun] angehäufte Sand, Stroh und Dünger einen recht häßlichen Anblick“.
2021 waren zahlreiche Fliesen von der Wand abgefallen. Mit finanziellen Mitteln der Denkmalpflege barg die Firma Dyroff-Mosaikkunst die im Boden noch auffindbaren Fliesen und nahm den verbliebenen Fliesenspiegel von der Wand ab. In akribischer Kleinarbeit restaurierte, reinigte und ergänzte sie die Fliesenfläche, so dass sie heute wieder in voller Strahlkraft an der ursprünglichen Wandstelle angebracht ist.
Aus kunsthistorischer Sicht kommt dem Grabmal eine besondere Bedeutung zu, weil die Fliesengestaltung eine aufwendige und ästhetisch ansprechende Form des Schmuckes innerhalb einer Sepulkralanlage darstellt.
Dr. Ulrich Hübner, Denkmalpfleger