Der heutige St.-Pauli-Friedhof wurde ab 1860 angelegt und ist einer der größten und historisch bedeutendsten Friedhöfe Dresdens. Diesen Ort zu besuchen bedeutet eine beeindruckende Begegnung mit der Dresdner Stadtgeschichte und Biografien ihrer Bürgerschaft, mit Bildhauer-, Bau- und Gartenkunst und mit einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt. Der Friedhof ist auch ein ganz besonderer Rahmen für Veranstaltungen.

Die Gesamtfläche des Friedhofs beträgt etwa 11 ha (110.000 m2). Davon sind ca. 25% Wege- und Erschließungsflächen und 15% Rahmengrünflächen. Ein großer Teil der ursprünglich vorgesehenen Bestattungsflächen für etwa 30.000 Gräber ist heute nicht mehr belegt. Prägende Elemente sind vor allem die Toranlage und die Umfassungsmauern mit Mauergrabstellen und Grüften im terrassierten unteren Teil des Friedhofs sowie die Gebäude im Jugendstil. Die Struktur des Friedhofs ist auf dem Lageplan ablesbar. Grabfelder mit unterschiedlichen Grabarten sind dort alphabetisch bezeichnet.

Träger des St.-Pauli-Friedhofes und des Inneren Neustädter Friedhofes ist das Evangelisch-Lutherische Kirchspiel Dresden-Neustadt (vor 2019 der Ev.-luth. Neustädter Friedhofsverband Dresden). Die Verwaltung der beiden Friedhöfe befindet sich in der Dresdner Neustadt, Friedensstr. 2, 01097 Dresden. Friedhofsordnung und Gebührenordnung legen die Rahmenbedingungen für Grabarten, Bestattungen und Gebühren fest.

Die Pflege der einzelnen Gräber obliegt den Nutzungsberechtigten und variiert je nach Art und Größe der Grabstätten sowie ihrer Gestaltung. Innerhalb der gesetzten Rahmenbedingungen werden viele Facetten individueller Vorlieben und Zuwendung sichtbar. Die Unterhaltung der allgemeinen Elemente des Friedhofes, wie Einfriedungen, Wege, Gebäude und Baumbestand wird über Gebühren finanziert und vom Friedhofsträger durchgeführt. Eine fachgerechte Erhaltung aller wertvollen Strukturen und Grabdenkmale wie auch die Sanierung der Gebäude ist wie bei vielen historischen Friedhöfen kaum möglich- selbst wenn Fördermittel, Spenden und Patenschaften eingesetzt werden können. So pflegt die Makarenkoschule das Grab für die gefallenen französischen Soldaten im Deutsch-Französischen Krieg und das Grab des Erbauers der Dresdner Albertstadt, Graf Alfred von Fabrice.

Artikel Dresdner Stadtteilzeitung.

Der heutige St.-Pauli-Friedhof wurde ab 1860 als „Äußerer“ oder „Neuer Neustädter Friedhof“ zur Ergänzung des zu klein gewordenen Inneren Neustädter Friedhofs angelegt und 1862 geweiht. Damals besaß der Friedhof eine wesentlich kleinere Fläche als heute und lag außerhalb der bebauten Gebiete der Stadt Dresden. Die älteren unteren Teile mit Umfassungsmauern liegen entlang der Hechtstraße zwischen Hammerweg und Hechtpark. Die Erweiterung des Friedhofs nach Nordosten in Richtung der heutigen Stauffenbergallee erfolgte im Jahr 1881 nach dem Erwerb des Geländes von der Staatsforstverwaltung. 1910 begannen die Bauarbeiten für die Feierhalle (Architekten: Schilling & Gräbner, Orgel: Firma Jehmlich) und die Leichenhalle. Beide sind mit ausgeprägten Jugendstil-Ornamenten gestaltet.

Auf dem St.-Pauli-Friedhof wurden während der ersten 100 Jahre zwischen 1862 und 1962 pro Jahr durchschnittlich etwa 1.100 Menschen beigesetzt. 1945, im letzten Kriegsjahr, wurde die Höchstzahl von ca. 2.400 Menschen bestattet, die niedrigste Anzahl liegt im Jahr 1953 mit ca. 550 Bestattungen. Mit abnehmender Bedeutung religiöser Bestattungen und traditioneller Friedhofskultur seit den 1970er Jahren sank die Anzahl der Bestattungen weiter. Im Zeitraum von 2008-2012 war die durchschnittliche Anzahl von Bestattungen auf lediglich 77 pro Jahr zurückgegangen.

Die niedrige Zahl von Beisetzungen, eine Zunahme des Anteils von Urnengräbern und auch der Bestattungen in Gemeinschaftsgrabanlagen bedeutet gegenüber früher einen deutlich kleineren Flächenbedarf und erheblich reduzierte Gebühreneinnahmen. Aufgrund dieser kritischen Lage wurde 2016 die beschränkte Schließung des St.-Pauli-Friedhof 2016 verfügt. Ruhezeiten bestehender Gräber gelten weiterhin, es werden allerdings keine neuen Nutzungsrechte vergeben. Bei bestehenden Nutzungsrechten können Ehe- bzw. Lebenspartner von bereits auf dem Friedhof bestatteten Personen jedoch in deren Grab beigesetzt werden.

Der Charakter des St.-Pauli-Friedhofs wird sich in den nächsten Jahrzehnten verändern. Die Grundstrukturen der historisch wertvollen denkmalgeschützten Anlage mit einer Vielzahl von Einzeldenkmalen sowie geschütztem Baumbestand mit Naturdenkmälern (Marshall-Eiche, Meschwitz-Eiche) zu erhalten, ist eine große Herausforderung für den aktuellen wie künftigen Träger der Anlage. Wichtige Richtungsentscheidungen sind in den nächsten Jahren zu treffen.

Die Dresdner Friedhöfe sind wichtige Zeugen der Stadtentwicklung, Bestattungs- und Baukultur sowie Orte des Gedenkens. Zur Information und Orientierung können verschiedene Angebote auf Websites, in Datenbanken und interaktiven Karten herangezogen werden.

Die Situation aller 58 Friedhöfe in der Stadt Dresden wurde im Auftrag des Stadtrates in einem umfassenden Friedhofsentwicklungskonzept untersucht und bewertet. Vorschläge zu ihrer künftigen Nutzung als Bestattungsfläche, teilweise aber auch zur teilweisen oder vollständigen Schließung unter Beachtung kultureller, sozialer und ökologischer Funktionen wurden formuliert. Das Konzept wurde 2018 vom Stadtrat als Entscheidungsgrundlage für alle Friedhofsträger verabschiedet und seitdem in Fachkreisen und in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert. Wie mit den Aussagen und Vorschlägen umgegangen wird, entscheiden die Friedhofsträger in eigener Verantwortung. 

Inzwischen bildete sich das „Netzwerk Dresdner Friedhofsverwalter“, ein Arbeitskreis mehrerer kirchlicher Friedhofsverwaltungen. Es richtet sich mit Informationen über die Bedeutung und Probleme historischer Stadtteilfriedhöfe in Dresden an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung.  

Seit einigen Jahren unterstützt die „Initiative Innerer Neustädter Friedhof“ den für den St.-Pauli-Friedhof und den Inneren Neustädter Friedhof zuständigen Träger. Durch ehrenamtliche Angebote in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, Initiierung von Restaurierungen und Vermittlung von Grabpatenschaften unterstreichen die Mitglieder die große Bedeutung des Inneren Neustädter Friedhofs für die Stadt- und Stadtteilidentität, als Denkmal, für die Bestattungskultur als Ort für Kontemplation und Erholung sowie für die Stadtökologie.

Auf Empfehlung der Deutschen UNESCO-Kommission wurde die Friedhofskultur in Deutschland im Frühjahr 2020 in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Der St.-Pauli-Friedhof Dresden als „Nekropole“ (Totenstadt) lassen sich in herausragender Weise an zahlreichen wertvollen Grabstätten sowohl die kulturelle und räumliche Entwicklung der Stadt insgesamt, als auch wichtige historische Ereignisse und Lebensdaten einzelner bedeutender Persönlichkeiten ablesen – darunter Industrielle, Ingenieure und Handwerker, Bildhauer, Schriftsteller und Maler. Darüber hinaus gibt es Grabstätten für Diakonissen, Militärangehörige und zivile Kriegsopfer von 1945. Erinnert wird an den Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 und den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.

Gedacht wird auf dem Friedhof auch an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im 2. Weltkrieg. Eine 1999 eingeweihte Anlage enthält auf einem großen viergeteilten Natursteinblock die Namen von 200 Toten der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 sowie von Kriegsgefangenen und Opfern politischer Hinrichtungen nach 1945, die auf dem Friedhof beerdigt wurden.

Seit 2012 wird im Rahmen ehrenamtlicher Bildungsprojekte an verstorbene Kinder polnischer und russischer Zwangsarbeiterinnen erinnert. Nach der Entbindung im benachbarten „Entbindungslager Kiesgrube“ von 1943-45 mussten die Mütter ihre Arbeit wieder aufnehmen. Die meisten Kinder, von ihren Müttern getrennt und gezielt vernachlässigt, verstarben und wurden entlang der Friedhofsmauer begraben.

Der Friedhof steht in seiner gewachsenen funktionalen und gestalterischen Einheit als Sachgesamtheit und Gartendenkmal unter Denkmalschutz gemäß des Sächsischen Denkmalschutzgesetzes. Prägende Elemente sind die Friedhofsmauern einschließlich Toranlagen und Einfriedungen, die Einsegnungshalle (Feierhalle) mit Verwaltungsgebäude und die Leichenhalle, das System von Wegen, Treppen und Mauern, Bäumen und die raumbildende Bepflanzung. Dokumente zum Friedhof als geschütztes Ensemble und zu seinen Einzeldenkmalen sind verfügbar über die Denkmalkarte des Landesamtes für Denkmalpflege Sachsen.

Ergänzend zur Arbeit der Denkmalbehörden wird die Erfassung wertvoller Grabanlagen in ehrenamtlicher Initiative fortgesetzt und ist noch nicht abgeschlossen. Auf dem Friedhof und in einigen seiner Gebäude finden thematische Führungen und Veranstaltungen statt.

Der St.-Pauli-Friedhof ist ein Ort, um Wetter, Licht und Vegetation im Wechsel der Jahreszeiten stimmungsvoll zu erleben. Er hat wegen der hohen Strukturvielfalt seines entwickelten Vegetationsbestandes auch große Bedeutung für Artenschutz und Biodiversität. Er ist Lebensraum für zahlreiche seltene und gefährdete Arten, darunter viele Kleinsäuger, Singvögel und Insekten. Wegen vieler höhlenreicher Altbäume ist er nach dem Sächsischen Naturschutzgesetz als geschütztes Biotop eingestuft.

Zu Ehren von Oberförster Graf August Theodor Marschall wurde 1868 die »Marschall-Eiche« (Quercus imbricaria – Dendrologischees Denkmal) gepflanzt. Von der Familiengrabstätte des Oberförsters Friedrich Wilhelm Meschwitz ist die 1880 gepflanzte »Meschwitz-Eiche« erhalten. Die beiden alten Eichen stehen als Naturdenkmale unter Schutz.

Der St.-Pauli-Friedhof mit seinem einmaligen Charakter, der benachbarte Hechtpark und die Grünstrukturen des sogenannten „Radeburger Dreiecks“ sind wichtige Orte der Dresdner Stadtgeschichte. Sie dokumentieren Blütezeiten des kulturellen und wirtschaftlichen Lebens aber auch Kriege und Krisen, Gewalt und Deportation im 19. und 20. Jahrhundert. Notwendig sind weitere Forschungen und die Verbreitung von Informationen, um Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Aktivität zu erhöhen. Das Gebiet hat beträchtliches Potenzial als Gedenk- und Erholungsort und - unter Verbesserung von Zugänglichkeit und räumlichem Zusammenhang - als wichtiger Verknüpfungsbereich im Netz gesamtstädtisch bedeutsamer Grünzüge. In diesem Kontext kommt es auf eine breite Beteiligung der Akteure aus Politik, staatlichen wie kommunalen Institutionen und Bürgerschaft an. Der St.-Pauli-Friedhof und angrenzende Grünflächen sind hierfür ein wichtiger Baustein. Die Erhaltung und eine exemplarische, durchdachte, nachhaltige Weiterentwicklung gemeinsam mit anderen Elementen urbaner grüner Infrastruktur sind eine wichtige kulturelle, ökologische und soziale Zukunftsaufgabe.